Der Mann ist Schuld. Irgendwer muss ja Schuld sein. Wenn sich also jemand beschweren will, wendet euch an den Mann.
Er war es nämlich, der mir zu Weihnachten vor ein paar Jahren den ersten Cupcake-Backkurs geschenkt hat und damit meine bis dahin gut verborgene Backleidenschaft entfacht hat. Ich hab auch davor schon gebacken. Was man halt so backt. Mehr oder weniger einfallslose Kuchen und Torten. Eh gut! Aber fad.
Mit jedem der folgenden zwei oder drei Kurse wurde ich mutiger und experimentierfreudiger. Ich hab aufgehört meine Kreationen selbst aufzuessen sondern hab sie großzügig im Familien- und Freundeskreis verteilt. Mit jedem Stück habe ich was dazugelernt.
Ich hab gelernt, dass es der Mann semilustig findet, wenn ich den aus Moskau mitgebrachten Vodka verwende um Lebensmittelfarbe zu verdünnen. Ich hab gelernt, dass eine Packung Backpulver zuviel ist für 170 Gramm Mehl. Ich hab gelernt, dass sich Schlagobers nicht mit Fondant verträgt. Ich hab gelernt, dass Glitzerlebensmittelfarbe die Airbrushpistole verstopft. Ich hab gelernt, dass es ungefähr eine Stunde dauert eine verstopfte Airbrushpistole zu zerlegen und zu reinigen. Und die wichtigste Lehre war wahrscheinlich, dass man Zeit braucht.
Es braucht Zeit bis der Dotter hellgelb geschlagen ist, bis die Butter Zimmertemperatur hat, die Schokolade geschmolzen und klumpenfrei und das Backrohr vorgeheizt ist. Es braucht Geduld damit die Marzipanrosen ausschauen wie Rosen, der selbstgemachte Pudding fest geworden und die Torte durchgebacken und ausgekühlt ist. Man muss organisiert sein und man muss verstehen, dass das Endprodukt immer nur so gut sein kann wie die Qualität der Zutaten. Backen bedeutet für mich die totale Entschleunigung. Ich binde mir die Schürze um und tauch ein in eine Welt aus Aromen.
Wenn dann der Duft von Frischgebackenem den Raum erfüllt, mein Werk vollendet ist und im optimalen Fall nicht nur so aussieht wie ich mir das vorgestellt habe, sondern auch noch schmeckt bin ich glücklich. Und manchmal auch ein bisschen stolz.