Ich back das

Der Mann ist Schuld. Irgendwer muss ja Schuld sein. Wenn sich also jemand beschweren will, wendet euch an den Mann.

Er war es nämlich, der mir zu Weihnachten vor ein paar Jahren den ersten Cupcake-Backkurs geschenkt hat und damit meine bis dahin gut verborgene Backleidenschaft entfacht hat. Ich hab auch davor schon gebacken. Was man halt so backt. Mehr oder weniger einfallslose Kuchen und Torten. Eh gut! Aber fad.

Mit jedem der folgenden zwei oder drei Kurse wurde ich mutiger und experimentierfreudiger. Ich hab aufgehört meine Kreationen selbst aufzuessen sondern hab sie großzügig im Familien- und Freundeskreis verteilt. Mit jedem Stück habe ich was dazugelernt.

Ich hab gelernt, dass es der Mann semilustig findet, wenn ich den aus Moskau mitgebrachten Vodka verwende um Lebensmittelfarbe zu verdünnen. Ich hab gelernt, dass eine Packung Backpulver zuviel ist für 170 Gramm Mehl. Ich hab gelernt, dass sich Schlagobers nicht mit Fondant verträgt. Ich hab gelernt, dass Glitzerlebensmittelfarbe die Airbrushpistole verstopft. Ich hab gelernt, dass es ungefähr eine Stunde dauert eine verstopfte Airbrushpistole zu zerlegen und zu reinigen. Und die wichtigste Lehre war wahrscheinlich, dass man Zeit braucht.

Es braucht Zeit bis der Dotter hellgelb geschlagen ist, bis die Butter Zimmertemperatur hat, die Schokolade geschmolzen und klumpenfrei und das Backrohr vorgeheizt ist. Es braucht Geduld damit die Marzipanrosen ausschauen wie Rosen, der selbstgemachte Pudding fest geworden und die Torte durchgebacken und ausgekühlt ist. Man muss organisiert sein und man muss verstehen, dass das Endprodukt immer nur so gut sein kann wie die Qualität der Zutaten. Backen bedeutet für mich die totale Entschleunigung. Ich binde mir die Schürze um und tauch ein in eine Welt aus Aromen.

Wenn dann der Duft von Frischgebackenem den Raum erfüllt, mein Werk vollendet ist und im optimalen Fall nicht nur so aussieht wie ich mir das vorgestellt habe, sondern auch noch schmeckt bin ich glücklich. Und manchmal auch ein bisschen stolz.

Datenschutz

Die Datenschutzgrundverordnung tritt bald in Kraft. Das merkt man daran, dass man plötzlich täglich zig E-Mails bekommt von Firmen und Organisationen von deren Existenz man bisher nicht mal was gewusst hat. Für mich ist es eine willkommene Möglichkeit endlich die Unmengen an Newsletter loszuwerden, die ich irgendwann mal, bewusst oder unbewusst abonniert hab und die seitdem mein Postfach dominieren. Ich hab mir sogar mal eine zweite Mailadresse angelegt, weil die Werbung im Erstpostfach so überhand nahm, dass es mir einfacher erschien. Mit dem Resultat, dass ich jetzt stolze Besitzerin von zwei zugespamten Postfächern bin.

Sicher, man kann sich von unerwünschten Newslettern abmelden! Ein Klick auf einen Link im Kleingedruckten genügt, schon ist man abgemeldet. Das einzig Sichere an der Sache ist, dass es sicher nicht funktioniert. Entweder wird die Abmeldung ignoriert oder man bekommt dafür fünf andere Mails von irgendwelchen Partnerfirmen, mit zweifelhaftem Inhalt. Vor einigen Tagen bekam ich ein Mail mit dem Betreff: „Bleiben wir in Kontakt?“, von einem japanischen Automobilhersteller, mit dem ich meines Wissens nach noch nie in Kontakt war und nach Möglichkeit auch nie sein werde.

Ich bin mir leider nicht sicher ob diese Datenschutzverordnung überhaupt greift bei Newslettern. Hab versucht herauszufinden was in dieser Verordnung drinsteht und ob die vielleicht für uns als Firma relevant sein könnte. Man will ja nichts falsch machen. Leider konnte ich das nicht herausfinden, weil ich auch nach mehrmaligem Lesen des Textes nichts verstanden hatte. Ähnlich wie in der Schule bei Textaufgaben. „Ein Zug fährt mit 320 km/h von Wien nach München. Franzi kriegt von seiner Mama drei Schlecker. Wer hat mehr Äpfel?“. Ein gleichmäßiger Pfeifton in meinem Kopf gibt mir zu versteht, dass es nichts zu verstehen gibt, also lass ich es sein. Irgendein immens schlauer Mensch wird mir sicher demnächst unaufgefordert erklären, was es mit der Verordnung auf sich hat. Wahrscheinlich in Form eines Newsletters, den ich beim Besuch der WKO Homepage unabsichtlich abonniert habe, nun wöchentlich erhalte und somit immer am neuesten Stand bin bei Dingen, die einen sehr hellen und hohen Pfeifton in meinem Kopf auslösen.

Einzelkind mit Geschwisterhintergrund

Ich habe einen ganzen Haufen Geschwister. Halbe und volle und angeheiratete. Und trotzdem bin ich als Einzelkind aufgewachsen. Erstaunlich, gell!

Ursprünglich waren wir zu dritt. Wobei meine Vollgeschwister 12 bzw. 8 Jahre älter sind. Somit hab ich als ausgewiesener Nachzügler nicht so wahnsinnig viel von ihnen mitbekommen in meiner Kindheit. Praktischerweise waren sie zum Zeitpunkt meiner Geburt schon so gut geschult in Sachen Hausarbeit, dass ich fein aus dem Schneider war. Als ich dann vermehrt als Abtrocknungsgehilfe eingesetzt hätte werden können, wurde ein Geschirrspüler angeschafft. Schöne neue Welt!

In meiner Teenagerzeit gab es dann einige familiäre Umstrukturierungen und so wurden aus den ursprünglichen zwei Geschwistern, im Lauf der Jahre fünf. Das wäre im Normalfall, so mit alle unter einem Dach, sicher mordsanstrengend gewesen! Allein der Gedanke, ruft klaustrophobische Zustände hervor. Noch dazu mit den Massen an Elternteilen! Dazu kam es aber natürlich nie. Die Ältesten waren schon lange erwachsen und aus dem Haus, die Jüngsten waren gut verwahrt bei der zuständigen Erzeugerfraktion und die Mittlere war gar in ein anderes Bundesland ausgelagert. Nicht absichtlich. Sie wohnt halt einfach schon immer in Wien. Trotz dieser Vielzahl an  Geschwistern, war ich immer noch Einzelkind. Also nicht, dass mich das gestört hätte. Das war schon fein so! Sie waren ja alle da! Nur eben nicht ständig.

Anfang 20 hab ich eine zeitlang mit der mittelgroßen Schwester zusammengewohnt. Das hat tadellos funktioniert, da waren wir aber auch beide schon erwachsen und mussten nicht um Barbiepuppen streiten. Zwei Einzelkinder unter einem Dach. Zusammen wenn wir es wollten und trotzdem genug Raum für jede. Das war eine schöne Zeit!

Geschwister durch Zufall, Freunde aus Wahl. Meine Geschwister bereichern mein Leben. Ich werde zwar immer „die Kleine“ bleiben aber es gibt wahrlich schlimmeres. Abtrocknen zum Beispiel! Wir sehen uns nicht oft. Aber wenn, dann ist diese Zeit immer sehr intensiv. Meine Geschwister sind meine Ankerpunkte. Jeder ist für sich besonders und akzeptiert die Eigenheiten der anderen. Wir sind uns nichts neidig. Heute wohnen wir zwar alle innerhalb Österreichs aber trotzdem nicht um die Ecke. Vielleicht ist die gesunde Distanz genau der Grund warum wir uns so gut verstehen. Zuerst durch den teils großen Altersunterschied begründet und dann durch die räumliche Entfernung, sind sind wir uns trotzdem nah. Im Herzen. Und das ist eigenlich alles was zählt.

Von einem andern Stern

Sie sind gelandet. Q. Ja, Q. Einfach nur Q. Und sie haben mein Autoradio voll verfunkt. Also Funk wie die Musikrichtung, nicht wie Rundfunk. Der Rundfunk ist aber eigentlich ein gutes Stichwort, weil der ignoriert österreichische Musik ja ganz gern. Besonders der öffentlich rechtliche. Ich bin mal gespannt ob sie daran vorbeikommen! Da müssen sie sich schon sehr taub stellen.

Gut, ja ich muss zugeben, ich bin da wahrscheinlich eventuell nicht ganz objektiv was diese besondere Band angeht. Eine handvoll der feinsten Musiker Österreichs haben sich da um Eric Papilaya geschart, den ich sowohl als Menschen, als auch als Musiker sehr schätze. Ich würde ihn sogar als einen Freund bezeichnen. Was sie machen, lässt sich schwer schubladisieren. Jeder für sich beherrscht sein Instrument perfekt. Zusammen ergibt das eine abgefahrene Mischung! Es ist Funk (wieder nicht der Runde) und Pop und Soul der einem da um die Ohren schnalzt. Ehrliche Musik von Menschenhand gemacht. Musik die einen mit dem Hintern wackeln lässt, ob man nun will oder nicht. Es ist Musik, die gehört werden will. Gehört werden muss! Man will sich sofort bewegen, weil die Beats einen packen, einmal im Kreis drehen, einem von der kleinen Zehe bis ins Hirn fahren und Stunden später völlig durchgeschwitzt wieder ausspucken und man sich verdutzt fragt, was das jetzt grad war. Während ich das schreibe läuft „Wir feiern anders“ und ich muss mich sehr aufs schreiben konzentrieren, weil die Tastatur sich ums verrecken nicht mitbewegen will. Voll unkooperativ. Ich wechsle zu „Dinge“. Schlechte Wahl. Der Rhythmus passt zwar besser zu meiner aktuellen Tätigkeit aber die zauberhafte Stimme von Julie ist nicht förderlich um hier voranzukommen. Ich bin immer wieder aufs Neue erstaunt welche wunderbaren Töne aus dieser Frau herauskommen wenn sie den Mund aufmacht! Wo kommen die bitte her? Und wo war ich grad? Aja. Q. Ich könnte jetzt noch schreiben, dass die Stimme von Stefan Wessel den Gesang noch richtig rund macht. Was auch der Wahrheit entspricht. Ich könnte noch schreiben, dass keine Worte den Gesichtsausdruck von Thomas Hechenberger beschreiben können, wenn er sein Instrument bearbeiten, ja fast liebkost. Auf eine mitunter strenge Art. Das liest sich komisch, wenns da so steht. Das muss man einfach gesehen haben. Ich könnte noch die Akkuranz der Bläsersektion hervorheben. Ich könnte noch so viel schreiben und doch würde ich mit meiner Beschreibung der Genialität dieser Band nicht gerecht werden können. Es ist Hingabe. Es ist Leidenschaft. Es ist Musik. So wie sie sein soll.

Und jetzt muss ich tanzen gehen!

Ein Pate schafft

Vor circa fünf Jahren, als ich mit dem mittelgroßen Kind schwanger war, befand ich mich wie so ziemlich jede werdende Mutter, in einem emotionalen Ausnahmezustand. Die Aussicht auf die Verantwortung, die da in meinem Bauch groß wurde, hat mich labil werden lassen und empfänglich für jede Art von Leid. Nicht mein eigenes Leid. Mir gings und gehts ja gut. Aber das Leid, das weltweit vorhanden ist, hat mich unendlich traurig gemacht. Da las ich in einem Facebook Post einer Bekannten von ihrem Patenkind.

Ein Patenkind! Hm. Ich hab mich erkundigt und schlau gemacht und bin mit Worldvision in Kontakt getreten. Mir wurden die weltweiten Projekte präsentiert und man erklärte mir wie in den verschiedenen Regionen geholfen wird. Ich habe mich dazu entschlossen die Patenschaft für ein kleines Mädchen in Swaziland zu übernehmen. Ich wollte absichtlich ein Mädchen und dessen Familie unterstützen, weil es meiner Meinung nach immer noch die Mädchen sind, die in den ärmeren Regionen benachteiligt werden. Weil es günstiger ist die Kinder mit aufs Feld zu nehmen und arbeiten zu lassen, als sie zur Schule zu schicken. Was automatisch dazu führt, dass besonders Mädchen eine schlechtere oder gar keine Bildung haben und ihr Leben lang keine Chance haben etwas aus sich zu machen. Meine Spende hat ein Gesicht. Ein Leben. Eine Familie. Eine Dorfgemeinschaft. Mit meiner Spende unterstütze ich nicht nur dieses Kind und ermögliche ihm einen Zugang zu Bildung, sondern ich helfe mit, dass es einem ganzen Dorf besser geht. Dass eine Wasseraufbereitungsanlage gebaut werden kann, damit die Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. Dass eine Schule gebaut werden kann. Dass Kinder einfach Kinder sein können. Dass die Landwirtschaft gefördert wird und so der Hunger eingedämmt werden kann. Hilfe zur Selbsthilfe.

Ich bekomme regelmäßig Post von meinem Patenkind. Sie erzählt mir was grad so los ist, wie es ihr in der Schule geht, ob es geregnet hat. Es hat schon lange nicht geregnet. Ich schreibe ihr auch Briefe und schicke kleine Pakete, Fotos von uns oder Ansichtskarten. Sie kann sich gar nicht vorstellen, wie es ist in einer Stadt zu wohnen. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man mit dem Wenigen was man hat so zufrieden sein kann. Sie hat Visionen. Schreibt immer wieder, dass sie, wenn sie erwachsen ist, Österreich besuchen will. Ich hoffe sehr, dass sie sich diesen Wunsch erfüllen kann.

Diese Patenschaft hat ein Ablaufdatum. Die Projekte von Worldvision laufen durchschnittlich 15 Jahre, in denen das Dorf, die Region, soweit aufgebaut wird um sich selbstständig erhalten zu können. Um eine Nachhaltigkeit zu schaffen. Das finde ich gut! Einmal im Jahr bekomme ich einen Bericht, wie es im Projekt vorangeht, was geschafft wurde und was noch angegangen werden muss. Das ist auf der einen Seite informativ und auf der anderen Seite erfüllt es mich auch etwas mit Stolz, einen kleinen Beitrag zu leisten, damit ein Mädchen eine Zukunft hat und vielleicht in ein paar Jahren Österreich besuchen kann.

Aufschub

Jeder kennt das. Tätigkeiten, die einem so unsymphatisch sind, dass man 1000 Ausreden findet, warum man das jetzt grad leider nicht erledigen oder machen kann.

Leider kann ich die Buchhaltung heute nicht machen, weil auf meinem Schreibtisch herrscht das totale Chaos und das muss ich zuerst mal aufräumen und wenn ich schon dabei bin, räum ich auch gleich meine Schublade auf. Ach was, ich räum gleich alle drei auf! Ui, so spät schon. Na dann mach ich die Buchhaltung halt morgen. Außer natürlich, es geht kein Wind und ich kann diese Verklebung endlich machen. Wenn ich dann schon unterwegs bin, könnt ich auch gleich zum Sport gehen. Dann wird sich die Buchhaltung leider nicht ausgehen, weil das braucht schon Zeit und unterbrechen ist blöd.

Dieses Spiel spiel ich mit mir selbst jeden Monat. Immer bis es dann echt schon knapp ist um die Buchhaltung noch zeitgerecht zur Steuerberaterin zu bringen. Dieses unendliche Zettelgesuche geht mir so dermaßen auf den Geist! Immerhin haben wir seit Kurzem Tankkarten für alle Autos und ich muss keinen halben Tag mehr den Tankrechnungen nachrennen. Aber warum bitte steht das Datum auf jedem Kassazettel an einer anderen Stelle? Die EU erfindet für jeden Scheiß eine Norm aber dazu fällt ihr nix ein. Dabei wär mir das echt wichtiger als die Farbe der Pommes und die Krümmung der gemeinen Salatgurke. Buchhaltung macht mich schon müde wenn ich nur dran denk. Meine Abneigung gegen Zahlen geht wirklich weit. Ich empfinde diesen Akt der bürokratischen Aufarbeitung unseres Finanzflusses als körperliche Anstrengung. Es gibt auch keinen reibungslosen Ablauf. Nie! Das liegt offenbar in unserer chaotischen Natur. Im Grunde unserer Herzen sind wir halt Künstler. Jeden Monat gibt es zumindest einen Posten auf dem Kontoauszug den sich niemand erklären kann und der mir detektivisches Geschick abverlangt. Das klingt interessant und spannend! Ist es aber nicht. Zumindest nicht für mich. Für jemanden dem Zahlen liegen und der sich gern stundenlang damit beschäftigt wer für die Abbuchung von € 23,22 verantwortlich war und wo der Beleg dafür zu finden ist, kann so ein Buchhaltungstag durchaus reizvoll sein. Mich hingegen kostet es echte Überwindung.  Ich tausche lieber Druckertoner und sortiere Kugelschreiber nach Farbe und Werbeaufdruck. Ich bin schon genervt wenn ich die Kontoauszüge sortieren muss. Aus irgendeinem Grund findet es unser Drucker nämlich witzig, die Zettel nicht in der richtigen Reihenfolge auszuspucken. Wahrscheinlich will er testen ob ich aufmerksam genug bin um mich der Buchhaltung zu widmen. Das allein kostet schon Zeit! Und dann sind immer die Klammern des Hefters aus und ich finde ewig keine passenden und dann ist der Locher verschwunden und der Bleistift ist auch schon wieder weg. Ohne Bleistift kann ich aber nicht anfangen, weil man darf ja nur mit einem Bleistift auf den Kontoauszügen und Rechnung herumkritzeln. Was früher vielleicht Sinn gemacht hat, als es noch sowas wie eine Originalrechnung gab und ein Duplikat zu bekommen aufwändig war. Heutzutage druck ich mir einen Großteil der Rechnungen sowieso selber aus. Aber wenn man anfängt die Sinnhaftigkeit von Vorschriften zu hinterfragen, wird man nie fertig und kann sowieso gleich alles sein lassen. Wo ist denn jetzt der Bleistift?

Ui, so spät schon?!

Vamitlax!

Es ist vollbracht! Wir sind umgezogen. Zwei Wochen intensives Packen und schleppen haben Früchte getragen. Zwar hab ich im Mittelteil etwas geschwächelt aber letztendlich haben wirs, mit der Hilfe von einigen Freuden, doch geschafft. Also so gut wie. Ein paar Resthabseeligkeiten sind in der alten Behausung verblieben und warten geduldig auf ihre Abholung bzw. Entsorgung.

Im neuen Zuhause ist die letzte Kiste ausgepackt und deren Inhalt erfolgreich verstaut. Sogar der Abstellraum, mein persönlicher Panicroom, hat Ordnung angenommen und löst keine nervösen Zuckungen aus. Im Gegensatz zum Langzeitlebensabschnittspartner, der aktuell einen Sitzplatz neben mit am großen Esstisch eingenommen hat, bewaffnet mit Laptop und iPad und arbeitet. Begleitet von permanentem Gemurmel. Ist mir noch nie aufgefallen, obwohl wie seit Jahren in einem Büro arbeiten, gegenüber voneinander. Dort ist aber die Umgebungsgeräuschkulisse offenbar laut genug um das Gemurmel zu übertönen. Hier allerdings nicht. Das ist für mich ähnlich nervtötend wie lautes Kauen. Wenn man mich nicht so gut kennt, kann man sich das nur schwer vorstellen. Lautes Kauen löst bei mir nicht einfach nur Unmut aus, sondern schier unbändige Aggressionen. Mir wird heiß und der Zorn fahrt mir ins Hirn und versucht dort einen Schalter umzulegen, der dann einen Schwall unkontrollierbarer Kraftausdrücke, gepaart mit dem Werfen von Gegenständen, auslösen würde. Aber das lass ich natürlich nicht zu. Ich bin ja ein sozialisiertes, zur Beherrschung fähiges Wesen. Ich täte schon manchmal wollen aber das tut man halt nicht.

Ich rück mal weiter, vielleicht hör ichs dann nicht mehr.

Besser. Jetzt hab ich zwar das Licht im Rücken aber die Distanz scheint auszureichen. Zurück zum erfolgreichen Umzug. Natürlich waren wir im Zuge des Umzugs auch beim schwedischen Möbelhersteller. Fast täglich bis zu zweimal. Abwechselnd mal er mal ich. Gemeinsam nur einmal! Und das mit gutem Grund. Eigentlich braucht man nach so einem Möbelhausbesuch nämlich einen Mediator. Der könnte Vamitlax heißen. Gratis zu jedem Einkauf ab 100 Euro. Diese Summe erreicht man ganz locker wenn man nur eine schnelle Runde durch die unteren Abteilungen geht auf der Suche nach Servietten. Hilfreich fände ich auch, wenn statt dem hauseigenen Imbiss bei den Kassen, eine Schnapsbar wäre. Egal wie lang man zusammen ist, dieser Ausflug kann einen an den Rand der Trennung führen. Jungen Paaren sollte man nicht raten gemeinsam auf Urlaub zu fahren um sich besser kennenzulernen. Ein Besuch beim Schweden reicht völlig aus. Ist zwar ähnlich teuer, man muss dann aber nicht zwei Wochen warten bis man der Hölle entrinnen kann, sondern kann das gleich am Heimweg in der Badner Bahn erledigen.

Aber wir habens geschafft. Haben alle Hürden genommen. Gepackt, geschleppt, gebohrt, ausgepackt. Und jetzt muss ich raus hier. Die Keramikkuh neben mir liegt nämlich gefährlich gut in der Hand.

Zugumzugumzug

Wir ziehen um. Wieder mal. Für mich ist es der elfte Umzug. Es gibt Kisten, die pack ich schon gar nicht mehr aus. Ich bin zwar heimatverbunden aber das ist ortsunabhängig. Zuhause ist da, wo mein Herz wohnt. Wenn mal meine vielen kleinen Bilderrahmen mit Familien- und Freundefotos hängen, bin ich daheim.

Bis auf den einen Umzug von Linz nach Guntramsdorf, bei dem ich meine Freunde zurücklassen musste, bin ich in den Jahren seit 1993 nicht wahnsinnig weit gekommen. Mal ein paar Kilometer weiter nördlich, in die große, böse Stadt, dort dann ein paarmal herum in einem geschätzten Umkreis von 500m. Immerhin hab ich es im 12. Wiener Gemeindebezirk auf ganze vier Wohnsitze gebracht. Dann wieder ein paar Kilometer in Richtung Süden und dort dann wieder schön im Kreis herum. Mödling, Wiener Neudorf, Guntramsdorf, Mödling. Wie ein Linienbus.

Ich mach das nicht absichtlich! Es ändern sich einfach die Lebensumstände und das geht halt oft mit einem Wohnungswechsel einher. Man möchte meinen, man entwickelt mit zehn Umzügen sowas wie eine Umzugsroutine. Ist aber nicht so. Zumindest ich nicht. Immer wieder steh ich wie die Kuh vorm Dorf und weiß nicht wo ich anfangen soll. Also fahr ich vorsichtshalber erstmal zum schwedischen Möbelfreund. Nur um ein paar Kleinigkeiten zu besorgen. Wichtige Dinge wie Schaniere und so. 200 Euro später schaut die Welt gleich besser und wahnsinnig organisiert aus!

Aber nur bis man wieder vorm Chaos im alten Zuhause steht, wo sich leider nichts geändert hat in der Zwischenzeit. Fangen wir eben mit dem an, was wir da nicht mehr brauchen. Das kann ja dann schon mal in die neue Bleibe. Aber was brauchen wir denn nicht mehr? Immerhin leben wir hier ja noch! Die Sachen im Keller können schon weg. Das ist eh nur Dekozeug und Christbaumkugeln. Und drei Ventilatoren, die wir der Wetterlage nach zu schließen sowieso nie wieder brauchen werden. Überhaupt das ganze Dekozeug kann weg. Und die Backbücher. Ich werd ja wohl in den nächsten zwei Wochen nichts mehr backen. Abgesehen von den Muffins fürs mittelgroße Kind heute Früh. Die Weihnachtsschokolade musste weg, Ostern steht vor der Tür. Aber die hab ich doch locker schon 100mal gemacht, da werd ich mich ja wohl an das Rezept erinnern! Naja Improvisation ist das halbe Leben. Dem Kind schmecken sie, kann so verkehrt nicht gewesen sein.

Improvisation scheint überhaupt das Motto dieses Umzugs zu sein. Alles locker aus der Hüfte. Mehr so Stück für Stück als hauruck. Ein Zug um Zug Umzug. Im Endeffekt werden wir in einem Monat in unserem neuen Zuhause sitzen als wär nichts gewesen und alles wird wieder seinen gewohnten Lauf nehmen. Alle Kästen werden eingeräumt sein, jedes Teilchen wird seinen Platz gefunden und Abläufe werden sich automatisiert haben. Und irgendwo stehen drei unausgepackte Kisten.

Ich gestehe,

ich hasse meinen Laptop. Das Wort Hass, wähle ich an dieser Stelle ganz bewusst, weil es mein Gefühl diesem Gerät gegenüber am besten Ausdruck verleiht. Davor hatte ich einen Vaio. Der war voll schön und total supsi. Aber mit den Jahren hat er so seine Macken entwickelt und es war nicht mehr möglich vernünftig drauf zu arbeiten. Also musste ein Ersatzgerät her. Diesen Absatz habe ich jetzt zweimal geschrieben, weil ich ihn einmal unabsichtlich gelöscht hab, weil ich auf diesem verfluchten Ding wieder irgendwo angekommen bin.

Ich kann nicht mal den Langzeitlebensabschnittspartner schimpfen, weil ich hab mir die Höllenmaschine selbst ausgesucht. In der Zeitung hab ich eine Anzeige gesehen. Würde man mich fragen, was mich zum Kauf von genau diesem Gerät bewogen hat, könnte ich nur antworten: „Weil es schön groß und schwarz war.“ Ich kenn mich nicht aus mit technischen Angaben zu Prozessoren, Grafikkarte und RAM. Ist mir auch egal. Der Mann hat gesagt: „Ja ist ok.“, also hab ich bestellt. Kurz darauf wurde er schon geliefert. Mein neuer Laptop.

Angefangen hat meine Abneigung schon beim Betriebssystem. Warum muss man ein bewährtes System bis zur Unkenntlichkeit auf hip und modern trimmen, wenn es doch vorher wirklich gut funktioniert hat? Ohne diesen ganzen App- und Store- und Zeugskrampf. Ich weiß bis heute nicht, was mein Laptop alles kann, weil mich diese verwirrende Optik davon abhält es herausfinden zu wollen. Ich will nicht, dass sich da andauernd Bilder ändern, die mich in den Store locken wollen um irgendein Spiel zu kaufen. Ich brauch keine Spiele! Ja ja, das kann man bestimmt alles anpassen und einstellen aber ich will nicht! Ich hab schon Wochen gebraucht um herauszufinden wie ich dem Ding einen Ton entlocken kann, damit ich weiß ob die Drecksfeststelltaste aktiviert ist oder nicht. Der Laptop hat nämlich keine LED, die mir das zeigen würde. Nein. Total überflüssig sowas. Bitte warum?! Warum spart man an einer winzigen LED? Der Nummernblock ist bis heute stumm. Ich brauch jetzt wieder eine Zeit bis ich die Geduld aufbringen kann, nach der Funktion zu suchen. Die Tastatur ist nicht beleuchtet. Was tagsüber voll wurscht ist, aber in der Nacht wär eine beleuchtete Tastatur schon cool.

Er ist zu hoch! Oder zu kantig, wie man will. Wenn er am Tisch steht und ich schreibe, liegen meine Unterarme auf der Kante auf und das tut echt weh auf die Dauer! Das Touchpad ist irgendwie blöd. Anders kann mans nicht ausdrücken. So blöd, dass ich lieber eine uralte Kabelmaus ansteck, als es zu verwenden. Entweder ist es zu empfindlich eingestellt, dann springt der Cursor schon nur bei der Annäherung meiner Hand zum Touchpad in irgendeine Zeile und macht dort lustige Dinge oder es braucht wirklich Druck um überhaupt zu reagieren. Ok, er fahrt echt schnell hoch! Braucht aber dann gefühlte Jahre um den ganzen vorinstallierten Mist zu laden den ich, aus reinem Desinteresse, eh nicht brauch oder haben will. Groß ist er! Wenigstens was die Größe betrifft, hab ich mich richtig entschieden! Aber sonst war der Kauf komplett für die Tonne. Ein Fehlkauf auf der ganzen Linie. Mir das einzugestehen, und jetzt auch allen die das lesen, ist eine große Überwindung. Zum Selbstbeherrschungstraining ist er geeignet, das muss ich schon zugeben. Er löst solche Aggressionen in mir aus, dass ich ihn nach spätestens fünf Minuten eigentlich nur noch aus dem Fenster schmeißen will. Tu ich aber natürlich nicht, ich kann mich ja beherrschen! Ich schimpf nicht mal laut! Wenn ich ihn benutze, ist ja meistens das mittelgroße Kind im Nebenzimmer und ich gebe mir große Mühe die Kraftausdrücke auf ein Minimum zu beschränken. Das kann aber ja doch nicht gesund sein! Dieser unterdrückte Ärger die ganze Zeit.

Naja. Wir ziehen ja bald um.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Denkerpose

Vorhin, am Heimweg im Auto, hab ich nachgedacht. Fast schon gegrübelt hab ich. Und hab mir, ganz nebenbei, ans Kinn gegriffen und mein Ziegenbärtchen gekrault. Klassische Denkerpose halt. Moment. Ziegenbärtchen?

Ich weiß noch wie ich die Hexenhaargeschichten meiner Tanten Robert und Herbert, in meiner Jugendheit, mit einem Schmunzeln quittiert habe. Ich war jung und schön und weit und breit war kein unerwünschtes Haar und schon gar nicht am Kinn. Was bitte sollte mir passieren? „Jaja, liebes Kind! Warts nur ab!“, haben sie gesagt. Und recht hatten sie!

Ich weiß nicht genau wann sich das erste borstige Haar bemerkbar gemacht hat. Muss wohl so Mitte meiner 20er Jahre gewesen sein. Ein einzelnes, fast baumstammdickes, schwarzes Haar. Seitdem wächst es, sehr regelmäßig und konsequent, immer an der gleichen Stelle. Ich spür es lang bevor ich es seh. Versuch es aber, sobald ich es spür, auszuzupfen. Die zunehmende Fehlsichtigkeit macht dieses Unterfangen nicht grad einfacher. Ich seh nicht schlecht! Nur halt besser mit Brille. Ich hab sogar eine eigene Pinzette für die „Operation Hexenhaar“. Und ein mordshelles Licht im Badezimmer. Und einen richtig guten Vergrößerungsspiegel. Trotzdem zwick ich mich erstmal tagelang ins Kinn bevor ich es dann doch irgendwann erwisch, wenn es endlich lang genug ist. In meinem subjektiven Empfinden ist es zu diesem Zeitpunkt schon locker 1,5cm lang, in Wirklichkeit ist es kaum sichtbar. Zumindest red ich mir das ein. Wenn ich es dann endlich erwischt habe, staune ich immer wieder wie lang das ist so alles in allem. Es verhält sich wie ein Eisberg. Die wahre Größe schlummert unter der Oberfläche. Das ist ja jetzt auch eigentlich gar nicht so arg. So ein einzelnes, wenn auch sehr dunkles Haar. Wenn sich da nicht in letzter Zeit ein paar Freunde dazugesellt hätten! Langsam hab ich einen dichteren Bartwuchs als mancher meiner Neffen! Vollkommen willkürlich sprießen an meinem Kinn Härchen aller Art. Blonde, dünne. Schwarze, dicke. Kurz, lang. Mal da, mal dort. Einzig mein Hexenhaar behält seinen ursprünglichen Wuchsplatz bei. Auf das ist halt Verlass. Die anderen aber machen was sie wollen. Da geht man am Abend ins Bett, bartlos, und wacht Tags darauf auf und da ist ein 1cm langes, schwarzes Haar! Einfach so! Und so zupf ich halt regelmäßig an meinem Kinn herum, zwick mich dabei fürchterlich, schimpfe wie ein Postkutscher und denk an meine Nichte. Jaja liebes Kind. Warts nur ab. Ich gewöhn mir jetzt auf jeden Fall eine neue Denkerpose an.

Das ist aber nur eines meiner Haarprobleme. Aktuell hab ich noch eines, weiter oben. Ich liebe meinen Frisör sehr. Er ist nicht nur mein Haarschneider, er ist mein Freund. Wir haben ein Zeiterl gebraucht, aber über die Jahre sind wir zusammen gewachsen. Er hat freie Hand auf meinem Kopf und er hat immer Recht mit dem was er tut. Es soll halt jeder das machen was er gut kann. Er mischt sich nicht in mein Department ein und ich lass ihn sein Ding machen. So. Jetzt bin ich in Echt ja nicht ganz so blond wie ich seit Jahren vorgebe zu sein. Eigentlich gar nicht. Ich bin eher so wäh. Der viele Wasserstoff hinterläßt aber schon auch seine Spuren so mit der Zeit. Also hat der Herr Sascha beschlossen, wir lassen das blondieren jetzt mal etwas sein und färben nur. Hell. Ok. So semmelgelb irgendwie. Fake-Nachwuchs quasi. Blöderweise hatte ich jetzt aber schon seit einiger Zeit keine Zeit um nachfärben zu gehen und schau zunehmend aus wie eine Glückskatze. Eh schon wissen. Dreifärbig. Ein Streifen wäh, ein Streifen semmelgelb und dann weißblond. Gut, dass ich so schlecht seh, weil ich bin mir sicher, würd ich besser sehen und genauer schauen, würde ich das ein oder andere graue Haar finden und entschuldigen, das geht einfach nicht. Also Sascha, wenn du das liest: RUF! MICH! AN!