Sitz ich so im Büro vorm PC und beantworte E-Mails, fliegt durchs gekippte Fenster ein riesiges Insekt rein. Also ein wirklich enormes Insekt! Gigantisch! Und laut!
Es durchquert das Büro, fliegt ins Lager raus wo das Tor, es ist ein sehr großes Tor, offen steht. Da fliegt es aber nicht raus! Nein, es kommt wieder zurück, nimmt Anlauf und knallt gegen den Vorhang. Ich kann nicht beurteilen wie schmerzhaft es ist als Insekt gegen einen Vorhang zu fliegen. Es wirkt aber leicht benommen. Nichtsdestotrotz nimmt es abermals Anlauf, schafft es am Vorhang vorbei und knallt dann gegen das Fenster. Ich erbarme mich, öffne einen der drei Fensterflügel, ein einzelner Windstoss an diesem sonst windstillen Tag räumt meinen Schreibtisch von allen losen Zetteln frei. Danke, ich wollte eh aufräumen. Das Insekt, nennen wir es Sigi, fliegt aber nicht raus in die Freiheit sondern biegt nach rechts ab und fliegt zwischen Fensterscheibe und Innenrollo. Dort brummt er, es muss ein er sein, herum und wirkt schon recht ungehalten. Sigi schafft es wider Erwarten durch den Spalt durch den er reingeflogen ist raus, was ihm den sicheren Tod durch grillen erspart. Vor lauter Freude zieht er eine Ehrenrunde durchs Büro und raus ins Lager. Ich denk mir, jetzt hat ers gecheckt und ist in den Hof geflogen. Weit gefehlt! Er hat offenbar nur eine kurze Verschnaufpause eingelegt um Sekunden später wieder gegen das Fenster zu knallen.
Mittlerweile hat er Gesellschaft bekommen! Eine ordinäre Stubenfliege, nennen wir sie Xaver, hat ebenfalls den Weg durchs inzwischen wieder gekippte Fenster gefunden und summt nun munter durchs Büro. Ich kanns ja verstehen. Es ist herinnen vergleichsweise kühl im Gegensatz zu draußen. Aber der Freiheitsdrang ist dann doch größer und so fliegen nun beide zwischen Vorhang und Fenster hin und her, machen einen Höllenlärm und finden nicht mehr raus. Sigi macht dabei deutlich tiefere Summgeräusche als Xaver. Wird an der Flügelspannweite liegen.
Warum sind Insekten jeder Art imstande durch einen noch so winzigen Spalt überall rein aber durch den selben Spalt unter gar keinen Umständen wieder raus zu finden? Das sind manchmal nur Millimeter! Sogar zuhause, wo alle Fenster mit Fliegengitterrahmen versehen sind, findet ab und an ein winziges Tierchen seinen Weg durch den nicht mal einen Millimeter großen Spalt zwischen Fensterrahmen und Fliegengitterrahmen. Also ich mein das muss man echt wollen! Das passiert einem nicht einfach so! Ich frag mich dann oft was im Kopf dieser Viehchen vorgeht. „Ui schau da ist es eng, da quetsch ich mich jetzt durch!“, und der Muckerlkollege sagt: „Traust dich nie Oida!“. Schwupp schon ist es drin und findet nicht ums Verrecken wieder raus. Wobei verrecken in dem Zusammenhang Programm ist, weil die Kater es unfassbar leiwand finden wenn was zum spielen reinkommt.
Sigi und Xaver haben sich mittlerweile angefreundet wie es scheint. Sie sitzen in friedlicher Eintracht nebeneinander auf dem mittigen, geschlossenen Fensterflügel. Vielleicht sind sie auch eingeschlafen. War ein anstrengender Vormittag bis jetzt! Wenn sie dann aufwachen werde ich ihnen nochmal eine Chance geben in die Freiheit zu entfliehen. Und wenn sie es dann immer noch nicht packen, kann ihnen auch keiner mehr helfen. Sigi & Xaver auf ewig vereint im Insektenhimmel.