Im ersten Lockdown war ich in der angenehmen Position, Mutter eines Kindergartenkindes zu sein. Meine Aufgabe bestand darin, die Mütter in meinem Freundeskreis aufzubauen und ihnen Mut zuzusprechen. Durchhalteparolen und Mitleidsbekundungen standen an der Tagesordnung.
Im zweiten Lockdown war die Situation schon eine andere. Das Kindergartenkind war bereits ein Schulkind. Der Begriff „Homeschooling“ hat eine mittlere Panikattacke ausgelöst aber irgendwie haben wir das ganz gut rübergebogen. Wir haben uns eingegroovt und es war fast ein bissi komisch, als der Regelunterricht wieder angefangen hat. Aber das Kind war glücklich wieder etwas Normalität zu haben, die Freunde wieder zu sehen und gemeinsam zu lernen.
Jetzt stecken wir mitten im dritten Lockdown und heute habe ich das Betreuungsangebot, mit schlechtem Gewissen, zum ersten Mal in Anspruch genommen. Zum einen, weil ich keinen Bürojob habe und somit nicht von Zuhause aus arbeiten kann. Zum anderen, weil es reicht. Ich bin an meinem persönlichen Limit angekommen. Ich kann nicht mehr. Und ich will mein Kind nicht mehr anschreien. Das tut uns nicht gut! Wir sind an einem Punkt angekommen von dem ich glaube, dass er unserere Mutter-Kind Beziehung nachhaltig zum negativen beeinflussen könnte. Die Frustrationstoleranz sinkt täglich. Ich bin es leid über Dinge zu diskutieren, von denen ich weiß, dass sie in der Schule ohne Probleme funktionieren. Ich weiß, dass ich ein aufmerksames, wissbegieriges, fleißiges Kind habe! Es will! Aber es will nicht mit mir und ich will auch nicht mehr. Würde ich unterrichten wollen, hätte ich einen entsprechenden Beruf.
Erschwerend dazu kommt eine absolute Perspektivenlosigkeit die Zukunft betreffend. Keiner kann eine zuverlässige Aussage treffen, wann es wie weitergeht. Wie lange wir noch in diesem Zustand ausharren müssen. Menschen in Regierungspositionen nennen ein Datum um es Stunden später zu revidieren. Mir ist schon klar, dass diese spezielle Situation für alle herausfordernd ist aber manchmal ist es besser nichts zu sagen. Vor allem dann, wenn man nichts weiß. Ja, da ist jetzt diese Mutation und die ist noch böser, darauf muss man reagieren. Aber ehrlich, ich mutier auch zusehends! Zum dauergrantigen, ewiggereizten Mutterzilla! So will ich nicht sein!
Nicht falsch verstehen. Ich habe für alles Verständnis. Ich trage alle Maßnahmen mit und halte mich daran so gut es geht. Für das große Ganze bin ich bereit meine persönlichen Bedürfnisse hintenan zu stellen. Auch wenn ich von fragwürdigen Demonstrationen, Schiurlauben und Ausflügen höre. Diese Ärgernisse atme ich weg. Das schaff ich noch. Ich versuche mir selbst eine Perspektive zu schaffen, weiterzumachen und nie das große Ganze aus den Augen zu verliere. Es gelingt mir nur immer seltener. Ich bin müde. Müde zu beteuern, dass sicher bald alles wieder ein bisschen normaler wird. Zu behaupten, dass es wieder so wie früher wird trau ich mich eh schon lang nicht mehr. So realistisch bin sogar ich. Aber mittlerweile geht mir echt der Optimismus flöten! Fast täglich fragt der kleine Mensch wie lang es noch dauert. Wann sie wieder in die Schule darf, wann Freunde treffen wieder normal ist. Wann man wieder umarmen darf! Ich weiß darauf keine Antwort mehr! Und wenns die Mama nicht weiß, wer weiß es dann? Das Urvertrauen wird grade auf eine sehr harte Probe gestellt und das ist nicht gesund für uns. Am Ende muss ich mich aber bei den topmotivierten, verständnisvollen, engagierten Pädagoginnen bedanken. Ohne die, hätte ich schon viel früher das Handtuch geworfen. Aber jetzt kann ich nicht mehr und darum nehme ich ab jetzt das Betreuungsangebot dankend an und hoffe, dass die zwei Tage Fremdbetreuung wieder etwas Entspannung in unsere Beziehung bringen, weil die haben wir dringend nötig!