Denkerpose

Vorhin, am Heimweg im Auto, hab ich nachgedacht. Fast schon gegrübelt hab ich. Und hab mir, ganz nebenbei, ans Kinn gegriffen und mein Ziegenbärtchen gekrault. Klassische Denkerpose halt. Moment. Ziegenbärtchen?

Ich weiß noch wie ich die Hexenhaargeschichten meiner Tanten Robert und Herbert, in meiner Jugendheit, mit einem Schmunzeln quittiert habe. Ich war jung und schön und weit und breit war kein unerwünschtes Haar und schon gar nicht am Kinn. Was bitte sollte mir passieren? „Jaja, liebes Kind! Warts nur ab!“, haben sie gesagt. Und recht hatten sie!

Ich weiß nicht genau wann sich das erste borstige Haar bemerkbar gemacht hat. Muss wohl so Mitte meiner 20er Jahre gewesen sein. Ein einzelnes, fast baumstammdickes, schwarzes Haar. Seitdem wächst es, sehr regelmäßig und konsequent, immer an der gleichen Stelle. Ich spür es lang bevor ich es seh. Versuch es aber, sobald ich es spür, auszuzupfen. Die zunehmende Fehlsichtigkeit macht dieses Unterfangen nicht grad einfacher. Ich seh nicht schlecht! Nur halt besser mit Brille. Ich hab sogar eine eigene Pinzette für die „Operation Hexenhaar“. Und ein mordshelles Licht im Badezimmer. Und einen richtig guten Vergrößerungsspiegel. Trotzdem zwick ich mich erstmal tagelang ins Kinn bevor ich es dann doch irgendwann erwisch, wenn es endlich lang genug ist. In meinem subjektiven Empfinden ist es zu diesem Zeitpunkt schon locker 1,5cm lang, in Wirklichkeit ist es kaum sichtbar. Zumindest red ich mir das ein. Wenn ich es dann endlich erwischt habe, staune ich immer wieder wie lang das ist so alles in allem. Es verhält sich wie ein Eisberg. Die wahre Größe schlummert unter der Oberfläche. Das ist ja jetzt auch eigentlich gar nicht so arg. So ein einzelnes, wenn auch sehr dunkles Haar. Wenn sich da nicht in letzter Zeit ein paar Freunde dazugesellt hätten! Langsam hab ich einen dichteren Bartwuchs als mancher meiner Neffen! Vollkommen willkürlich sprießen an meinem Kinn Härchen aller Art. Blonde, dünne. Schwarze, dicke. Kurz, lang. Mal da, mal dort. Einzig mein Hexenhaar behält seinen ursprünglichen Wuchsplatz bei. Auf das ist halt Verlass. Die anderen aber machen was sie wollen. Da geht man am Abend ins Bett, bartlos, und wacht Tags darauf auf und da ist ein 1cm langes, schwarzes Haar! Einfach so! Und so zupf ich halt regelmäßig an meinem Kinn herum, zwick mich dabei fürchterlich, schimpfe wie ein Postkutscher und denk an meine Nichte. Jaja liebes Kind. Warts nur ab. Ich gewöhn mir jetzt auf jeden Fall eine neue Denkerpose an.

Das ist aber nur eines meiner Haarprobleme. Aktuell hab ich noch eines, weiter oben. Ich liebe meinen Frisör sehr. Er ist nicht nur mein Haarschneider, er ist mein Freund. Wir haben ein Zeiterl gebraucht, aber über die Jahre sind wir zusammen gewachsen. Er hat freie Hand auf meinem Kopf und er hat immer Recht mit dem was er tut. Es soll halt jeder das machen was er gut kann. Er mischt sich nicht in mein Department ein und ich lass ihn sein Ding machen. So. Jetzt bin ich in Echt ja nicht ganz so blond wie ich seit Jahren vorgebe zu sein. Eigentlich gar nicht. Ich bin eher so wäh. Der viele Wasserstoff hinterläßt aber schon auch seine Spuren so mit der Zeit. Also hat der Herr Sascha beschlossen, wir lassen das blondieren jetzt mal etwas sein und färben nur. Hell. Ok. So semmelgelb irgendwie. Fake-Nachwuchs quasi. Blöderweise hatte ich jetzt aber schon seit einiger Zeit keine Zeit um nachfärben zu gehen und schau zunehmend aus wie eine Glückskatze. Eh schon wissen. Dreifärbig. Ein Streifen wäh, ein Streifen semmelgelb und dann weißblond. Gut, dass ich so schlecht seh, weil ich bin mir sicher, würd ich besser sehen und genauer schauen, würde ich das ein oder andere graue Haar finden und entschuldigen, das geht einfach nicht. Also Sascha, wenn du das liest: RUF! MICH! AN!

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