Dienstag, 27. 2. 2018, ca. 7:00. Draußen ist es so kalt, dass die Luft funkelt. Wir sind Gäste in einem Wintermärchen frei nach Frozen. Ich kaue meinen, von der BFF liebevoll zubereiteten Guten-Morgen-Löskaffee. Anscheinend kann er sich schlecht abnabeln, weil das mit dem lösen hat er noch nicht so richtig drauf. Aber das ist grade egal. Grade ist alles egal. Es ist still. Was wirklich erstaunlich ist, wenn man uns kennt. Normalerweise hat mindestens eine den Mund offen. Wir sind noch nicht ganz munter.
Die ersten Menschen sind schon am Weg zum Frühstück. Im Laufschritt. Ich nenne sie Entspannungsfanatiker. Irgendwie ist es verständlich. Die Zeit im Hügelwiesenland ist immer zu kurz und vergeht immer viel zu schnell. Wir gehens trotzdem gemächlich an! Zuerst mal den Kaffee aufessen, Zähne putzen, Badetasche packen. Dann werfen wir uns in Schale, in Form der viel zu großen, aber recht kuscheligen Bademäntel und gehen ebenfalls zum Frühstück. Zum Langschläferfrühstück um genau zu sein. Zwar schlafen wir nicht lang, frühstücken aber dafür umso länger. Erstmal Prosecco. Dann alles andere. Wir sind ja nicht im Stress.
Direkt nach dem Frühstück verlagern wir unseren Standort auf unsere angestammte Kuschelliege. Der luxuriöse Zustand des Nichts-tun-müssens gibt uns die Möglichkeit nichts zu tun sondern nur zu schauen. Wir sehen zu wie sich die Liegen langsam mit Badetaschen füllen und gehen erstmal ins Wasser. Schwimmen ist unfassbar anstrengend, wenn man so entschleunigt ist. Wir gehen lieber. Langsam. Zum einen wegen der Entschleunigung, zum anderen wegen der Kollisionsgefahr mit anderen Warmbadern. Der Außenwhirlpool sprudelt uns ordentlich durch. Ich stell mir immer vor wie das unter Wasser ausschauen muss, wenn die diversen Fettdepots bewegt werden. Angesichts der eisigen Lufttemperatur, die einem die Ohrläppchen schockfrostet, treten wir den Rückzug an. Wir marschieren in die Speis und kaufen uns einen Kaffee. Und gleich danach einen Schilerol. Zurück auf unserer Liege wagen wir ein Spielchen. Ein Kartenspielchen. Mir war dieses Spiel bis dato unbekannt und wie sich herausgestellt hat, der BFF auch! Zwar hatte sie es schon gespielt, allerdings nicht so sehr nach den dazugehörigen Regeln. Mit den echten Regeln hats dann wirklich Spaß gemacht! Ich weiß nicht wie viele Partien wir im Lauf unseres Aufenthalts gespielt haben. Ich weiß auch nicht wer wie oft gewonnen hat. Das ist glaube ich etwas, was unsere Freundschaft ausmacht. Die absolute Neidfreiheit. Null Konkurrenzdenken. Kein Übertrumpfungsbedürfnis. Niemals. Nicht nur im Spiel, auch im Ernst.
Wir lassen uns in der heißen Vulkania treiben. Auf dem Gipfel des Vulkans liegt Schnee. Die empfohlene Maximalaufenthaltsdauer beträgt 20 Minuten. Wir nehmen das als Richtzeit zur Kenntnis und ignorieren sie konsequent. Zu herrlich ist das Gefühl der Schwerelosigkeit. Wir plaudern so dahin und schweben nebeneinander her. Wir lungern am Beckenrand herum und stapeln Steine zu kleinen Türmchen auf. Und wir plaudern. Ganz selten sind wir still. In diesen kurzen Momenten beschwerden wir uns über die Anderen, die einfach nicht ruhig sein können! Nach 1 1/2 Stunden, kurz bevor wir uns auflösen, entsteigen wir dem 38 Grad warmen Wasser, schleudern unsere Schwimmnudeln in die dafür vorgesehene Box und tapsen etwas unbeholfen, weil nass, in Richtung anderes, warmes Wasser. 23 Schritte sind es vom Vulkaniabecken ins normale Thermalbecken. 23 Schritte über eiskalte Steine durch die glitzerne Luft.
Die Zeit vergeht unheimlich schnell. Schon ist die Palatschinkenstunde gekommen! Die darf man sich natürlich nicht entgehen lassen. Nicht, dass wir Hunger hätten aber allein das Vorhandensein der Palatschinken, verleitet uns dazu sie zu essen. Ein fast zwanghaftes Verhalten. Dazu ein Schilerol. Schilerol passt einfach zu allem. Die Abenddämmerung bricht herein. Wir widmen uns wieder unserem Kartenspiel. Eine Partie dauert 1/2 Stunde. Wir spielen 3. Dann nochmal Vulkania. Der dichte Dampf, der von der Wasseroberfläche aufsteigt ist undurchdringlich. Ab und zu stößt man mit einem Unbekannten zusammen, entschuldigt sich und dümpelt weiter durch den Nebel. Wir achten darauf unsere Ohren nicht nass zu machen. Das funktioniert natürlich nur bedingt, weil der aufsteigende Dampf schon auch eine gewisse Feuchtigkeit enthält. Kurz bevor die Ohren sich verfärben und abfallen gehen wir. 23 Schritte.
Gegen 19:00 traben wir auf unser Zimmer. Ganz oben im letzen Winkel wartet unser Rapunzeltürmchen auf uns. Am Weg dorthin besprechen wir schon die Kleidungsauswahl des Abends und legen die Duschreihenfolge fest. Wir sind die Meisterinnen der Effizienz. Eine Stunde später sitzen wir schon im Restaurant und kommen aus dem Schwärmen nicht raus. Hier muss man pragmatisch vorgehen. Erstmal eine Runde gehen und die Lage sondieren. Was gibt es? Was davon muss unbedingt gekostet werden? Wie ist das mit dem vorhandenen Platz in der gewählten Abendgarderobe zu vereinbaren? Am Ende gestehen wir uns unser Scheitern ein und gehen in die Bar. Ich trinke Vodkatini aber mit Martini Bianco. Dry mag ich nicht. Die BFF weiß nicht was sie trinken soll und entscheidet sich für einen Himbeertraum. Eine Fehlentscheidung wie sich herausstellt. Dafür ist mein Getränk köstlich.
Gegen 23:00 verlassen wir die Bar. Kaum fällt die Tür hinter uns ins Schloss, entledigen wir uns der hohen Schuhe und bestreiten den Weg zum Zimmer barfuß. Das warme Wasser den ganzen Tag beschert unseren Füßen Extravolumen, für das die Schuhe nicht ausgelegt sind. Dort angekommen spielen wir noch 1-2 Partien bevor wir einschlafen.
So könnte das ewig dahin gehen. Ich weiß nicht ob uns irgendwann der Gesprächsstoff ausginge. Irgendwie schaffen wir es seit über 10 Jahren, sehr konsequent, den Mund nicht zu halten. Und das, obwohl wir uns wortlos verstehen. Wir wissen wie die Andere tickt, was sie aufregt, was ihre Stärken und Schwächen sind. Wir haben keine Angst davor, uns unsere Schwächen zu zeigen, weil wir wissen, dass sie nicht ausgenutzt werden. Wir vertrauen uns blind und alles an. Wir sind gleich, weil wir so verschieden sind. Wir gleichen uns aus, geben uns Kraft und unterstützen uns. Glücklich bis ans Ende.